Das menschliche Hirn hat sich anatomisch seit 40’000 Jahren nicht mehr verändert. In diesem Sinne verlassen wir alle uns jeden Tag auf ein Steinzeithirn. Prof. Dr. Martin Meyer sprach am 14. November 2016 an einem gemeinsamen Event von BrainDate und dem kaufmännischen Verband Zürich zum Thema «Bits und Bytes vs. Neuronen – wie kommunizieren wir in der digitalen Welt». In seinem Vortrag ging er der Frage nach, wie dieses uralte Organ bei der Kommunikation mit brandneuer Technik umgeht.
Streng der wissenschaftlichen Erkenntnis verpflichtet, meidet Prof. Meyer die Polemik, stellt Zusammenhänge dar, relativiert und hinterfragt. Auf eine einfach zugängliche und äusserst unterhaltsame Art und Weise.
Zu Beginn zitiert er Steven Pinker und definiert Sprache unteranderem als die Fähigkeit «Vorgänge im Gehirn unserer Mitmenschen mit unglaublicher Präzision zu beeinflussen». Er zeigt auf, wie sich das menschliche Kommunikationsverhalten von jenem von Tieren unterscheidet und wieso insbesondere Affen nicht als Forschungsgegenstände taugen, wenn es darum geht mehr über die menschliche Kommunikation zu lernen.
Eine Frage die Meyer derzeit umtreibt, ist wieso sich die Menschheit trotz der offensichtlichen Faktenlage bezüglich Klimawandel und anderer Themen nicht dazu durchringen kann, eine wirkliche Veränderung einzuleiten. Seite Hypothese: Das Emotionssystem entstand evolutionär viel früher als der frontale Kortex, welcher für das Sprachverständnis eine grosse Rolle spielt. Noch immer sind diese Bereiche wenig miteinander verbunden, weshalb rationale Informationen schlicht zu wenig Schmerzen verursachen, um unser Verhalten nachhaltig zu ändern.
Zur Person:
Der für seine Arbeit mit dem UBS- Habilitationspreis ausgezeichnete Martin Meyer, geboren in Düsseldorf, studierte (Neuro-)psychologie an der Freien Universität Berlin. Von 1996 – 2000 verfolgte er am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften sein Doktoratsprojekt: fMRI – Untersuchungen zu Neurokognition von Sprache und Prosodie. Weitere Forschungsstationen waren am Institute of Neural and Adaptive Computation (University of Edinburgh), am Lehrstuhl für Neuropsychologie (Universität Zürich) und das Institut für Neuroradiologie (Universtitätsspital Zürich). 2009 habilitierte er an der Universität Zürich und ist seit 2011 als Assistenz Professor für Neuroplastizität und Lernen im gesund alternden Gehirn. Seit 2013 ist er zudem Honorarprofessor für Kognitive Neurowissenschaft in der Abteilung für Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung der Universität Klagenfurt.